Wien: Ökumene ist Pflicht für alle Kirchen

Ökumenisches Symposion unter dem Motto "Was bleibt von 2017?" - Landessuperintendent Hennefeld: "Reformiert sein bedeutet immer auch ökumenisch sein" - Ökumene-Experte Prokschi: Kirchen sind durch gegenseitige Anerkennung der Taufe bereits eine Gemeinschaft

Mögliche Ansätze für die Ökumene aus dem Reformationsjubiläum 2017 wurden bei einem Symposion am Mittwochabend in Wien diskutiert. Der Vorsitzende der Wiener Diözesankommission für ökumenische Fragen, Prof. Rudolf Prokschi, erinnerte eingangs an die historische Begegnung von Lund am 31. Oktober 2016. Damals unterzeichneten Papst Franziskus und der Präsident des Lutherischen Weltbundes, Bischof Mounib Younan, in der Kathedrale der schwedischen Stadt eine Erklärung anlässlich des gemeinsamen katholisch-lutherischen Reformationsgedenkens. Darin sei festgehalten, dass die Ökumene bzw. das gemeinsame Zeugnis für alle Kirchen bzw. Christen eine Pflicht sei, betonte Prokschi.

Im Grunde seien die Kirchen durch die gegenseitige Anerkennung der Taufe auch bereits eine Gemeinschaft, so Prokschi. Und er fügte hinzu: "Ich bin fest davon überzeugt, dass wir in der himmlischen Herrlichkeit auch keine getrennten Abteilungen haben werden."

"Reformiert sein bedeutet immer auch ökumenisch sein." Das betonte der reformierte Landessuperintendent und Vorsitzende des Ökumenischen Rates der Kirchen in Österreich (ÖRKÖ), Thomas Hennefeld: "Unsere Gründungsväter in Zürich und Genf haben immer schon klar erkennen lassen, dass es nur diese eine Kirche Jesu Christi gibt. Deshalb ist es wichtig, die Einheit zu fördern". Eine zerrissene Kirche sei letztlich etwas, worunter alle leiden würden, habe schon Johannes Calvin erkannt.

Neuer Schwung dank Katholiken

Die ökumenische Bewegung in Österreich sei vorbildhaft, sagte Hennefeld. Das Jubiläumsjahr 2017 hat für den ÖRKÖ-Vorsitzenden aber noch zusätzlich einiges in Bewegung gebracht. Er sprach von "neuem Schwung", weil man vor allem auch der Katholischen Kirche die Reformationsbewegung habe näher bringen können; sowohl auf Ebene der Kirchenleitungen wie auch in den Pfarrgemeinden. So würden etwa auch viele Gottesdienste am kommenden Reformationstag (31. Oktober) ökumenisch begangen. "Und das ist schon ein sehr schönes Zeichen."

Auch die evangelisch-lutherische Theologin Dorothea Haspelmath-Finatti zog eine sehr positive Bilanz zum Jubiläumsjahr. Ihr eigentliches Thema war "Die Liturgie und ihre Funktion für die Ökumene". Sie wies u.a. darauf hin, dass der Gesang im Gottesdienst zwar vom Züricher Reformator Ulrich Zwingli abgeschafft, bald aber in Genf von Johannes Calvin wieder eingeführt worden war. Calvin habe erkannt, dass es beim Glaube nicht nur um den Verstand, sondern genauso auch um die Leiblichkeit gehe. In der lutherischen Kirche habe der Gesang stets die gleich hohe Bedeutung wie in der katholischen Kirche gehabt.

Der Grinzinger Pfarrer und Neutestamentler Prof. Hubert Ritt betonte, dass sich die Reformation ohne die Medienrevolution durch den Buchdruck nicht so schnell durchgesetzt hätte. "Handschriftlich wäre das nicht möglich gewesen." Die Zeit sei damals freilich auch über die neuen Medien hinaus reif gewesen: "Man sah das in Klöstern, wie man damals in Massen ausgetreten ist. Das ist ja im Grunde eine Schande für die damalige Leitung und Spiritualität in diesen Klöstern."

Dass man mehr voneinander wisse und einander noch besser kennenlerne, sei das wohl wesentlichste Anliegen im Jubiläumsjahr 2017, erklärte Ritt. Vor allem im sozialen Bereich könne man viel gemeinsam tun. In Diözesen, wo es annähernd gleich viele Katholiken wie Protestanten gibt, sollte man etwa auch eine stärkere Zusammenarbeit bis in zur Zusammenlegung von Caritas und Diakonie andenken, meinte Ritt. Auch in der Bildungs, Jugend- und Bibelarbeit gebe es in der Ökumene noch viel Luft nach oben, so der Bibelwissenschaftler, der auch Mitglied der Päpstlichen Bibelkommission ist.

Zu dem Symposion hatte die Wiener Diözesankommission für ökumenische Fragen gemeinsam mit dem Ökumene-Ausschuß des Vikariats Wien-Stadt und der Stiftung "Pro Oriente" eingeladen.

Quelle: Katholische Presseagentur Kathpress, www.kathpress.at