Migration und Klimawandel fordern Kirchen heraus

Symposion "Ökumene vor neuen Herausforderungen" in Wien - Bünker fordert mehr Druck auf Bundesregierung, um Menschen in Lebensgefahr sichere Flucht nach Österreich zu ermöglichen
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Migrationsbewegungen werden noch weiter zunehmen, und die Auswirkungen des Klimawandels sind noch längst nicht absehbar - zwei von vielen Herausforderungen, auf die auch die Kirchen noch um Antworten ringen, und wo jedenfalls mehr Zusammenarbeit zwischen den Kirchen notwendig sein wird. Das war eines der zentralen Ergebnkisse eines ökumenischen Symposions am Dienstagabend in Wien. Die Wiener Pastoraltheologin Regina Polak sprach davon, dass die heimische Gesellschaft längst auch zur Migrantengesellschaft geworden sei. Auch innerhalb der einzelnen Kirchen gebe es bereits zahlreiche Migranten, deren Integration in die Gemeinschaften eine große Aufgabe sei. Dazu kämen die Herausforderungen im Dialog mit anderen Konfessionen und Religionen.
 
Die immer vielfältigere kirchliche und gesellschaftliche Situation bringe es mit sich, "dass eigentlich erst jetzt so richtig die Stunde der Ökumene anbricht", sagte Polak. Zugleich solle das freilich nicht die ökumenischen Erfolge der vergangenen Jahrzehnte schmälern.
 
Der lutherische Bischof Michael Bünker brachte das Bild einer "Ökumene als Weggemeinschaft" in die Diskussion ein. Diese Weggemeinschaft könne auch in teils unterschiedlichen Geschwindigkeiten erfolgen, aber doch immer mit dem gemeinsamen Ziel vor Augen. Es freue ihn, dass inzwischen auch schon Papst Franziskus den von den Kirchen reformatorischer Tradition propagierten Begriff der "Einheit in versöhnter Verschiedenheit" aufgegriffen habe. Freilich dürfe Vielfalt nicht mit Beliebigkeit verwechselt werden. Der Rahmen sei stets Treue zur Kirche und zu ihrer Aufgabe, das Evangelium zu leben und zu verkünden.

 
CHRISTENZAHL IN SYRIEN HALBIERT
 
Rund 1,5 Millionen Christen lebten vor dem Syrien-Krieg im Land. Inzwischen seien es maximal 700.00, wie der syrisch-orthodoxe Priestermönch Saliba Er berichtete. Auch wenn es außerhalb des IS-Gebietes keine systematische Christenverfolgung im Land gebe, seien die Christen doch am stärksten von Not betroffen. Der Krieg habe die verschiedenen Kirchen im Land zusammenrücken lassen, so P. Saliba - sowohl im Gebet wie etwa auch bei der Hilfe für Notleidende. Er wünsche sich freilich noch viel mehr Solidarität von den Christen im Westen. Nur mit deren Hilfe werde es möglich sein, dass die Christen auch künftig ein Leben in Würde in ihrer Heimat führen können.
 
Ökumenische Weggemeinschaft meine in diesem Zusammenhang natürlich auch Weggemeinschaft mit den Christen in Syrien und im Irak, fügte Bischof Bünker hinzu. Die Kirchen in Österreich könnten das Morden in der Region nicht beenden, "aber wir sollten uns sicher noch viel stärker dafür einsetzen, dass unsere Regierung endlich mehr legale Einreisemöglichkeiten für Flüchtlinge schafft". Die Kirchen könnten auch noch mehr für die Versorgung und Integration der Flüchtlinge leisten.
 
Die Flüchtlingskrise sei im Übrigen bestenfalls ein Vorspiel für noch viel dramatischere globale Veränderungen, die mit Sicherheit kommen würden, zeigte sich der lutherische Bischof überzeugt. Er verwies in diesem Zusammenhang u.a. auf den Klimawandel.
 
"VOR ALLEM BEI JUGEND ANSETZEN"
 
Der serbisch-orthodoxe Bischof Andrej (Cilerdzic) plädierte dafür, in der Ökumene vor allem bei der Jugend anzusetzen und sie dafür zu sensibilisieren. Den im Hinblick auf das jüngste Panorthodoxe Konzil auf Kreta von mancher Seite vorgebrachten Vorwurf an die Orthodoxie, dass sie der Ökumene sehr reserviert gegenübersteht, wies der Bischof zurück. Die Mehrheit der Orthodoxie sei sehr wohl ökumenisch sehr aufgeschlossen. Vor allem in jenen Ländern, in denen die Orthodoxie nur eine Minderheitenkirche ist, stehe die Ökumene außer Streit. Zugleich brauche es ein gewisses Verständnis für jene orthodoxen Vertreter, die noch in fast ausschließlich orthodox geprägten Ländern leben, wo sie kaum Möglichkeiten zu ökumenischen Erfahrungen hätten. Cilerdzic verwies in diesem Zusammenhang etwa auf Regionen in Griechenland.
 
GEDENKEN AN "MUTTER DER ÖKUMENE"
 
Das Symposion im
Curhaus am Wiener Stephansplatz fand auch im Gedenken an Oberin Christine Gleixner, die "Mutter der Ökumene", statt. Die im vergangenen Dezember verstorbene Ordensfrau wäre im Juni diesen Jahres 90 Jahre alt geworden. Der Wiener Ökumene-Experte Prof. Rudolf Prokschi würdigte eingangs die langjährige Vorsitzende des Ökumenischen Rates der Kirchen in Österreich als eine zutiefst spirituelle wie auch politisch denkende Persönlichkeit.
 
An dem Symposion nahmen zahlreiche Vertreter der Kirchen in Österreich teil, u.a. auch die beiden Weihbischöfe Franz Scharl und Helmut Krätzl, der Vorsitzende des
Ökumenischen Rates, Pastor Lothar Pöll, der reformierte Landessuperintendent Thomas Hennefeld und der methodistische Superintendent Stefan Schröckenfuchs; weiters der rumänisch-orthodoxe Bischofsvikar Nikolae Dura und der Generalsekretär der Superiorenkonferenz der männlichen Ordensgemeinschaften, P. Franz Helm.
 
Das Symposion stand unter dem Motto "Ökumene vor neuen Herausforderungen" und wurde gemeinsam von der Wiener Diözesankommission für ökumenische Fragen, dem Fachausschuss Ökumene des Vikariats Wien-Stadt und der Stiftung "Pro Oriente" veranstaltet. Die Initiative war von der Ökumene-Referentin des Dekanats 19, Elisabeth Lutter, ausgegangen.
 
 

Quelle: kathpress