Katholische und orthodoxe Kirche intensivieren Zusammenarbeit

Gemeinsame Tagung der katholischen und orthodoxen Bischofskonferenz als Auftakt für regel- mäßige Begegnungen und mehr Kooperation in verschiedenen Aufgabenfeldern - Schönborn: "Ist es überhaupt noch erlaubt, dass wir getrennt sind?"
Die katholische und die orthodoxe Kirche wollen ihre Zusammenarbeit künftig verstärken. Das ist die Quintessenz der ersten gemeinsamen Sitzung der katholischen und orthodoxen Bischofskonferenz am Montag in Wien. Die beiden Vorsitzenden - Kardinal Christoph Schönborn und Metropolit Arsenios (Kardamakis) - betonten im Anschluss im "Kathpress"-Interview die Bedeutung der Begegnung und kündigten an, dass es künftig regelmäßige gemeinsame Beratungen auf Bischofsebene geben soll. Die Details bzw. Intervalle stünden freilich noch nicht fest.

Eine halbe Million Christen östlicher Traditionen seien eine bedeutende Wirklichkeit für Österreich, die noch viel stärker in den Vordergrund gestellt werden müsse, erklärte Kardinal Schönborn: "Es war höchste Zeit, dass sich die Bischöfe einmal in dieser Form getroffen haben." Und: "Das war heute ein ganz wichtiger Schritt", nämlich hin zu mehr katholisch-orthodoxer Zusammenarbeit.

Seit den 1960er-Jahren sei das Vertrauen zwischen orthodoxer und katholischer Kirche beständig gewachsen, sagte der Vorsitzende der Bischofskonferenz. Er erinnerte an die wegweisende Begegnung zwischen Papst Paul VI. und dem Ökumenischen Patriarchen Athenagoras im Jahr 1964 in Jerusalem. Inzwischen gehe es eigentlich nicht mehr um die Frage: "Was hindert uns noch an der Gemeinschaft?" sondern um die Frage: "Ist es überhaupt noch erlaubt, dass wir getrennt sind?" Auch wenn sich eine tausendjährige Geschichte der Trennung nicht in wenigen Jahren überwinden lasse, sei festzuhalten: "Heute ist das Verhältnis zwischen unseren Kirchen ein wirklich geschwisterliches. Wir sind Schwesterkirchen und wir haben nicht nur den Glauben gemeinsam, sondern auch viele Themen, die wir auch öffentlich gemeinsam vertreten."

Als eine große gemeinsame Herausforderung für die Kirchen nannte der Kardinal den Umweltschutz. Hier spiele der Ökumenische Patriarch Bartholomaios I. seit Jahrzehnten eine Vorreiterrolle, wie auch Papst Franziskus in seinem Schreiben "Laudato si" ausdrücklich betont habe. "Das ist ein Bereich, wo wir gemeinsam unterwegs sind."

Der Wiener Erzbischof würdigte zudem auch das Wirken des 2011 verstorbenen Metropoliten Michael (Staikos), unter dessen Vorsitz die orthodoxe Bischofskonferenz von Österreich 2010 gegründet wurde.

Von einem "historischen Treffen" sprach Metropolit Arsenios im Anschluss an die Begegnung gegenüber "Kathpress". Es sei deutlich geworden, dass die orthodoxe und katholische Kirche letztlich viele gemeinsame Themen, Probleme bzw. Herausforderungen hätten, sei es beispielsweise im Bereich der Bildung, Familie, Seelsorge oder auch im Bereich der Migration. Letztlich gehe es darum, "dass wir das Evangelium zu verkünden haben und das sollten wir gemeinsam tun". Gerade für die orthodoxe Kirche in Österreich sei diese Begegnung auch eine Stärkung und Ermutigung gewesen.

Er wolle diese Begegnung zwischen den Bischofskonferenzen auch als wichtigen Schritt auf dem Weg zur kirchlichen Einheit sehen, so der Vorsitzende der orthodoxen Bischofskonferenz. "Wir arbeiten an der Einheit, wir wollen es, wir beten und wir hoffen."

Offen seien bei den bischöflichen Beratungen auch die aktuellen innerorthodoxen Probleme angesprochen worden. So habe etwa kein Vertreter der russischen orthodoxen Kirche an der Begegnung teilnehmen können. Der für Österreich zuständige Bischof Ioann (Roschtschin) konnte am Montagvormittag auch nicht an der Sitzung der orthodoxen Bischofskonferenz teilnehmen, man habe sich aber privat getroffen, berichtete Metropolit Arsenios. "Wir beten und arbeiten daran, die bestehenden Probleme zu lösen. Wir wollen nicht aufgeben." Die russische Kirche hat vor rund einem Jahr aufgrund des Konflikts um die Unabhängigkeit der orthodoxen Kirche in der Ukraine die kirchliche Gemeinschaft mit dem Patriarchat von Konstantinopel abgebrochen. Seither nimmt kein Vertreter des Moskauer Patriarchats an Versammlungen der Bischofskonferenz in Österreich teil, wie auch nicht in anderen Ländern.

Erste gemeinsame Sitzung

Die Mitglieder der katholischen und orthodoxen Bischofskonferenz waren am Montagnachmittag im Wiener Erzbischöflichen Palais zur ersten gemeinsamen Sitzung zusammengekommen. Neben der geschlossenen katholischen Bischofskonferenz nahmen von orthodoxer Seite der griechisch-orthodoxe Metropolit Arsenios (Kardamakis), der serbisch-orthodoxe Bischof Andrej (Cilerdzic) und der rumänisch-orthodoxe Bischof Serafim (Joanta) teil. Weiters nahmen an den Beratungen auch ein Vertreter des orthodoxen Patriarchats von Antiochien (Erzpriester Nikola Wahbeh) sowie weitere Vertreter der griechischen Kirche (Erzpriester Ioannis Nikolitsis und P. Athanasius Buk) sowie der rumänisch-orthodoxe Bischofsvikar Nikolae Dura teil.

Den liturgischen Abschluss fand das erste katholisch-orthodoxe Bischofstreffen am Montagabend mit einer Vesper in der griechisch-orthodoxen Dreifaltigkeitskathedrale in der Wiener Innenstadt. Neben den orthodoxen und katholischen Bischöfen nahmen daran auch weitere orthodoxe Geistliche und Gläubige beider Konfessionen teil.

Auch orthodoxe Bischöfe tagten

Die orthodoxe Bischofskonferenz war vor der gemeinsamen Sitzung mit der katholischen Bischofskonferenz am Montagvormittag in den Räumlichkeiten der rumänisch-orthodoxen Kirche in Wien-Simmering zu ihrer eigenen Sitzung zusammengekommen. Auf der Agenda der Bischöfe standen u.a. das jüngste Panorthodoxe Jugendtreffen, der Religions- und Ethikunterricht, die Militärseelsorge sowie ökumenische Aktivitäten.

Die Bischöfe hielten u.a. fest, dass die Orthodoxe Kirche in Österreich in Fragen der theologischen Pädagogenausbildung sowie der universitären Weiterbildung zum jetzigen Zeitpunkt ausschließlich mit der Kirchlichen Pädagogischen Hochschule (KPH) Wien/Krems und der Katholisch-Theologischen Fakultät an der Universität Wien zusammenarbeitet und die entsprechenden Lehr- und Studienpläne mit diesen langjährigen Partnern im Bildungsbereich gezielt eingerichtet hat.

Unter dem Vorsitz von Metropolit Arsenios nahmen an der Vollversammlung der Bischofskonferenz der antiochenische Metropolit Isaak (Barakat), der rumänisch-orthodoxe Metropolit Serafim (Joanta), der serbisch-orthodoxe Bischof Andrej (Cilerdzic) sowie weitere Geistliche an den Beratungen teil. Metropolit Ioann (Roschtschin), der zuständige Bischof des Moskauer Patriarchates nahm zwar nicht an der Sitzung teil, folgte aber der Einladung zum gemeinsamen Mittagessen, wie die Metropolis von Austria mitteilte.


Quelle: kathpress