Tag des Judentums
Ökumenische Vergebungsbitte: Kirchen feiern "Tag des Judentums"
20.01.20
Mit einem ökumenischen Gottesdienst haben die christlichen Kirchen in Österreich des "Tages des Judentums" (17. Jänner) gedacht. Der vom Ökumenischen Rat der Kirchen in Österreich (ÖRKÖ) ausgerichtete Gottesdienst fand am Freitagabend in der Kirche der evangelisch-reformierten Gemeinde Wien-Süd statt. Ihm stand der neue ÖRKÖ-Vorsitzende Prof. Rudolf Prokschi vor. In seiner Predigt unterstrich Prokschi, dass der "Tag des Judentums" zugleich ein Tag des gemeinsamen christlichen Bittens um Vergebung für das Leiden sei, welches der christliche Antisemitismus immer wieder in der Geschichte über die Juden gebracht habe. "In ökumenischer Verbundenheit denken wir an das Volk Israel, weil es uns alle etwas angeht". So solle laut Prokschi sichtbar werden, "wie wertvoll uns allen das Judentum ist".
Die Bitte um Vergebung sei stets an die Hoffnung auf Versöhnung geknüpft, führte der ÖRKÖ-Vorsitzende im Gespräch mit "Kathpress" weiter aus. Eine solche Versöhnung könne gewiss nicht verordnet werden, vielmehr sei die Grundbedingung für gelingende Versöhnung die Erinnerung. Im Rückblick auf die eigene Geschichte könnte schließlich keine christliche Kirche von sich behaupten, sich nicht einmal schuldig gegenüber dem Judentum gemacht zu haben.
Bei dem Gottesdienst erinnerte außerdem der Präsident des Koordinierungsausschusses für christlich-jüdische Zusammenarbeit, Martin Jäggle, an die Gründung des Ausschusses vor 64 Jahren. Damals, im Jahr 1956, sei es noch außergewöhnlich gewesen, dass Jüdinnen und Juden sich auf das Gespräch mit Christen einließen. Heute würde der vom Koordinierungsausschuss strukturierte Dialog u.a. in den Bereichen Bildung und Wissenschaft erfolgreich weiter geführt, so Jäggle.
An dem Gottesdienst nahmen u.a. der griechisch-orthodoxe Bischofsvikar Ioannis Nikolitsis, Pastorin Esther Handschin, Superintendent Matthias Geist, der altkatholische Bischof Heinz Lederleitner, der syrisch-orthodoxe Chorepiskopos Emanuel Aydin und der serbisch-orthodoxe Bischof Andrej Cilerdzic teil.
Der "Tag des Judentums" wurde im Jahr 2000 vom ÖRKÖ eingeführt mit dem Ziel, dass sich Christen in besonderer Weise ihrer Wurzeln im Judentum und ihrer Weggemeinschaft mit dem Judentum bewusst werden. Zugleich soll mit und an diesem Tag auch das Unrecht an jüdischen Menschen und ihrem Glauben in der Geschichte thematisiert werden. Die Initiative zum "Tag des Judentums" geht auf die Zweite Europäische Ökumenische Versammlung 1997 in Graz zurück.
Auch in Italien, Polen und den Niederlanden wird der Tag des Judentums begangen. Das Datum dafür wurde bewusst gewählt: So sollen die Kirchen den Geist dieses Tages in die anschließende weltweite "Gebetswoche für die Einheit der Christen" (18. bis 25. Jänner) weiter tragen; denn bei allen Trennungen der Christenheit untereinander sei allen Kirchen gemeinsam, dass sie im Judentum verwurzelt sind, so die Veranstalter.
Weitere Informationen und Meldungen rund um den "Tag des Judentums" und die "Weltgebetswoche für die Einheit der Christen" im Kathpress-Dossier unter www.kathpress.at/oekumene
Quelle: www.kathpress.at/oekumene
Die Bitte um Vergebung sei stets an die Hoffnung auf Versöhnung geknüpft, führte der ÖRKÖ-Vorsitzende im Gespräch mit "Kathpress" weiter aus. Eine solche Versöhnung könne gewiss nicht verordnet werden, vielmehr sei die Grundbedingung für gelingende Versöhnung die Erinnerung. Im Rückblick auf die eigene Geschichte könnte schließlich keine christliche Kirche von sich behaupten, sich nicht einmal schuldig gegenüber dem Judentum gemacht zu haben.
Bei dem Gottesdienst erinnerte außerdem der Präsident des Koordinierungsausschusses für christlich-jüdische Zusammenarbeit, Martin Jäggle, an die Gründung des Ausschusses vor 64 Jahren. Damals, im Jahr 1956, sei es noch außergewöhnlich gewesen, dass Jüdinnen und Juden sich auf das Gespräch mit Christen einließen. Heute würde der vom Koordinierungsausschuss strukturierte Dialog u.a. in den Bereichen Bildung und Wissenschaft erfolgreich weiter geführt, so Jäggle.
An dem Gottesdienst nahmen u.a. der griechisch-orthodoxe Bischofsvikar Ioannis Nikolitsis, Pastorin Esther Handschin, Superintendent Matthias Geist, der altkatholische Bischof Heinz Lederleitner, der syrisch-orthodoxe Chorepiskopos Emanuel Aydin und der serbisch-orthodoxe Bischof Andrej Cilerdzic teil.
Der "Tag des Judentums" wurde im Jahr 2000 vom ÖRKÖ eingeführt mit dem Ziel, dass sich Christen in besonderer Weise ihrer Wurzeln im Judentum und ihrer Weggemeinschaft mit dem Judentum bewusst werden. Zugleich soll mit und an diesem Tag auch das Unrecht an jüdischen Menschen und ihrem Glauben in der Geschichte thematisiert werden. Die Initiative zum "Tag des Judentums" geht auf die Zweite Europäische Ökumenische Versammlung 1997 in Graz zurück.
Auch in Italien, Polen und den Niederlanden wird der Tag des Judentums begangen. Das Datum dafür wurde bewusst gewählt: So sollen die Kirchen den Geist dieses Tages in die anschließende weltweite "Gebetswoche für die Einheit der Christen" (18. bis 25. Jänner) weiter tragen; denn bei allen Trennungen der Christenheit untereinander sei allen Kirchen gemeinsam, dass sie im Judentum verwurzelt sind, so die Veranstalter.
Weitere Informationen und Meldungen rund um den "Tag des Judentums" und die "Weltgebetswoche für die Einheit der Christen" im Kathpress-Dossier unter www.kathpress.at/oekumene
Quelle: www.kathpress.at/oekumene
Plädoyer für einen »Sonntag des Judentums«
20.01.20
Prof. Dr. Martin Jäggle
Seit über 20 Jahren begehen die Kirchen Österreichs jeweils am 17. Jänner den "Tag des Judentums". Als Gedenktag im Kirchenjahr führte der Ökumenische Rat der Kirchen in Österreich (ÖRKÖ) diesen Tag ein. Christinnen und Christen sollen ihrer Wurzeln im Judentum und ihrer Weggemeinschaft mit dem Judentum bewusstwerden. Zugleich lädt dieser Tag ein, an jüdischen Menschen und ihrem Glauben begangenen Unrechts in der Geschichte zu gedenken. Wie sehr sich der "Tag des Judentums" in diesen Jahren etabliert hat, zeigen die vielfältigen Veranstaltungen und Gottesdienste in Österreich. Was mit "Gedenktag" begonnen hat, wurde um einen "Lerntag" erweitert, um einen "Tag des Lernens vom Judentum". Das hat vielfältige Formen und findet an unterschiedlichen Orten statt.
Entscheidend dabei ist, nicht über das Judentum zu lernen, sondern vom Judentum und besonders mit mit Jüdinnen und Juden.
An Schulen und Jugendzentren werden jüdische Jugendliche eingeladen, um über ihre Religion mit Gleichaltrigen ins Gespräch zu kommen. Unterstützung finden solche Initiativen bei LIKRAT, dem Dialogprojekt mit Jugendlichen der Jüdischen Gemeinde.
In den Sonntagsgottesdiensten der Kirchen werden für die Homilie zu den Lesungen aus dem Alten/Ersten Testament jüdische Schriftauslegungen herangezogen, weil die Christen "viel von der jüdischen Exegese lernen" können, wie der damalige Präfekt der Glaubenskongregation, Josef Ratzinger, betonte.
Das Katholische Bibelwerk und die Österreichische Bibelgesellschaft laden einen international führenden Rabbiner zu einem Vortrag über jüdische Schriftauslegung ein und die Jüdische Gemeinde stellt dafür ihr Gemeindezentrum zur Verfügung. Entscheidend dabei ist, nicht über das Judentum zu lernen, sondern vom Judentum und besonders mit mit Jüdinnen und Juden.
Der Wunsch von Dechant Ferenc Simon, Diözesanbeauftragter für jüdisch-christliche Zusammenarbeit in der Erzdiözese Wien, nach einem "Sonntag des Judentums" hat eine innere Logik, wie er treffend sagt: "Wir hätten dann zwei thematische Sonntage, die wie eine Klammer die ‚Gebetswoche für die Einheit der Christen‘ rahmen würden. Den 'Sonntag des Judentums' am Beginn und den 'Sonntag des Wortes Gottes' am Ende der Gebetswoche."
2021 ist der 17. Jänner ein Sonntag. Dann wird aus dem "Tag des Judentums" ein "Sonntag des Judentums" und alle Kirchen können in ihren Sonntagsgottesdiensten dem Anliegen des "Tag des Judentums" entsprechen. Der Koordinierungsausschuss für christlich-jüdische Zusammenarbeit wird sie dabei unterstützen.
So würden die Kirchen auch ihrer Verantwortung im Kampf gegen Antisemitismus gerecht werden, einer Aufgabe, die erstmals im Regierungsprogramm 2020-2024 einen breiten Raum einnimmt. Zugleich wäre dies eine angemessene Antwort im Gedenken der "Wiener Gesera" und ihr blutiges Ende am 12. März 1421.
Dr. Martin Jäggle ist Präsident des Koordinierungsausschusses für jüdisch-christliche Zusammenarbeit.
Quelle: https://www.katholisch.at/standpunkt/jaeggle/tagdesjudentums
Seit über 20 Jahren begehen die Kirchen Österreichs jeweils am 17. Jänner den "Tag des Judentums". Als Gedenktag im Kirchenjahr führte der Ökumenische Rat der Kirchen in Österreich (ÖRKÖ) diesen Tag ein. Christinnen und Christen sollen ihrer Wurzeln im Judentum und ihrer Weggemeinschaft mit dem Judentum bewusstwerden. Zugleich lädt dieser Tag ein, an jüdischen Menschen und ihrem Glauben begangenen Unrechts in der Geschichte zu gedenken. Wie sehr sich der "Tag des Judentums" in diesen Jahren etabliert hat, zeigen die vielfältigen Veranstaltungen und Gottesdienste in Österreich. Was mit "Gedenktag" begonnen hat, wurde um einen "Lerntag" erweitert, um einen "Tag des Lernens vom Judentum". Das hat vielfältige Formen und findet an unterschiedlichen Orten statt.
Entscheidend dabei ist, nicht über das Judentum zu lernen, sondern vom Judentum und besonders mit mit Jüdinnen und Juden.
An Schulen und Jugendzentren werden jüdische Jugendliche eingeladen, um über ihre Religion mit Gleichaltrigen ins Gespräch zu kommen. Unterstützung finden solche Initiativen bei LIKRAT, dem Dialogprojekt mit Jugendlichen der Jüdischen Gemeinde.
In den Sonntagsgottesdiensten der Kirchen werden für die Homilie zu den Lesungen aus dem Alten/Ersten Testament jüdische Schriftauslegungen herangezogen, weil die Christen "viel von der jüdischen Exegese lernen" können, wie der damalige Präfekt der Glaubenskongregation, Josef Ratzinger, betonte.
Das Katholische Bibelwerk und die Österreichische Bibelgesellschaft laden einen international führenden Rabbiner zu einem Vortrag über jüdische Schriftauslegung ein und die Jüdische Gemeinde stellt dafür ihr Gemeindezentrum zur Verfügung. Entscheidend dabei ist, nicht über das Judentum zu lernen, sondern vom Judentum und besonders mit mit Jüdinnen und Juden.
Der Wunsch von Dechant Ferenc Simon, Diözesanbeauftragter für jüdisch-christliche Zusammenarbeit in der Erzdiözese Wien, nach einem "Sonntag des Judentums" hat eine innere Logik, wie er treffend sagt: "Wir hätten dann zwei thematische Sonntage, die wie eine Klammer die ‚Gebetswoche für die Einheit der Christen‘ rahmen würden. Den 'Sonntag des Judentums' am Beginn und den 'Sonntag des Wortes Gottes' am Ende der Gebetswoche."
2021 ist der 17. Jänner ein Sonntag. Dann wird aus dem "Tag des Judentums" ein "Sonntag des Judentums" und alle Kirchen können in ihren Sonntagsgottesdiensten dem Anliegen des "Tag des Judentums" entsprechen. Der Koordinierungsausschuss für christlich-jüdische Zusammenarbeit wird sie dabei unterstützen.
So würden die Kirchen auch ihrer Verantwortung im Kampf gegen Antisemitismus gerecht werden, einer Aufgabe, die erstmals im Regierungsprogramm 2020-2024 einen breiten Raum einnimmt. Zugleich wäre dies eine angemessene Antwort im Gedenken der "Wiener Gesera" und ihr blutiges Ende am 12. März 1421.
Dr. Martin Jäggle ist Präsident des Koordinierungsausschusses für jüdisch-christliche Zusammenarbeit.
Quelle: https://www.katholisch.at/standpunkt/jaeggle/tagdesjudentums
"Tag des Judentums": Kirchen gegen antisemitische "Fake News"
20.01.20
"Wer 'Fake News' über Juden verbreitet, ist kein Christ": Das hat Dechant Ferenc Simon, Vertreter der katholischen Kirche im Koordinierungsausschuss für christlich-jüdische Zusammenarbeit, bei der Einstimmung in den "Tag des Judentums" am Donnerstagabend in Wien hervorgehoben. Das jährlich am 17. Jänner begangene Gedenken der christlichen Kirchen sei gerade jetzt nötig, angesichts von neuerlicher Hetze gegen Juden in europäischen Ländern bis hin zu offener Gewalt, so der katholische Geistliche im Festsaal der Bezirksvorstehung Brigittenau. Die Veranstaltung solle klarstellen, "dass wir Antisemitismus niemals, weder in der Vergangenheit noch in Gegenwart und Zukunft, dulden".
Simon verwies auf Gewalttaten an der jüdischen Bevölkerung, zu welchen die Verbreitung von Falschnachrichten über sie im Laufe der Geschichte geführt hätten; darunter neben den Gräueln des Holocausts auch frühere Verfolgungen, Pogrome und zweimalige Ausweisungen aus Wien in den Jahren 1420 und 1670. Auch die Kirchen hätten sich daran beteiligt: Vor 350 Jahren sei an der Stelle der einstigen Synagoge die Pfarrkirche St. Leopold errichtet worden, erinnerte der Dechant. Koordinierungsausschuss-Präsident Martin Jäggle verwies darauf, dass die in Wien-Brigittenau liegende Pfarre St. Johannes Kapristan bis heute den Namen eines "Hetzers gegen Juden" trage.
Gemeinsam mit dem altkatholischen Pfarrer Thomas Wetschka trug Simon bei dem interreligiösen Abend ein Schuldbekenntnis und Vergebungsbitten der christlichen Kirchen vor. Gerne hätten sich die Kirchen Gaben wie das Alte Testament, den Gottesdienst, die Verheißungen und den Bund Gottes zu seinem Volk Israel angeeignet, hieß es darin. An diesem hätten sie jedoch jahrhundertelang "namenloses Leid und Tod" verursacht: Christen hätten sich am Volk Israel "schuldig gemacht" und seien auch heute "nicht wachsam genug, wenn Menschen wegen ihrer jüdischen Herkunft oder ihres Glaubens angefeindet und verachtet werden".
Erinnern an einstige Vielfalt
Der Gedenkabend wurde heuer zum siebten Mal veranstaltet. Jährlich findet er in einem anderen Wiener Gemeindebezirk statt und ruft dessen jeweilige jüdische Geschichte in Erinnerung. Wien-Brigittenau habe früher gemeinsam mit der Leopoldstadt die so genannte "Mazzes-Insel" gebildet, dem Gebiet mit dem höchsten Anteil jüdischer Bevölkerung Wiens, hob die Moderatorin des Abends, Elisabeth Lutter, hervor. Deutlich machten dies auch jüdische Schulen wie das heutige Gymnasium Karajangasse, das in NS-Zeiten bei laufendem Betrieb als Anhaltegefängnis fungierte, wie auch die beiden Synagogen in der Kluckygasse und Kaschlgasse, deren Gedenken die Veranstaltung zum "Tag des Judentums" gewidmet war.
Benjamin Nägele, der neue Generalsekretär der Israelitischen Kultusgemeinde Wien (IKG), bezeichnete den "Tag des Judentums" als wichtigen Anstoß der christlichen Kirchen, um an das einst vielfältige jüdische Leben in Österreich zu erinnern. Juden und Christen verbinde u.a. die im Alten Testament beschriebene "Sorge um Gerechtigkeit", die auch das gemeinsame "Nie wieder!" zum Antisemitismus sagen ließen. Nägele würdigte zudem die Bemühungen des Brigittenauer Bezirks, an das vielfältige jüdische Leben von einst zu erinnern und die eigene Geschichte aufzuarbeiten, u.a. durch historische Stadtspaziergänge und eine seit 1999 bestehende Gedenkausstellung im Brigittenauer Gymnasium.
Wie schwer es sei, Urteile über Akteure von einst zu fällen, zeigten Beiträge der Historikerin Tina Walzer und des Mediziners und Synagogen-Forschers Pierre Genee, die u.a. die Rolle von Benjamin Murmelstein (1905-1989) beleuchteten. Der aus Galizien stammende Rabbiner der Israelitischen Kultusgemeinde Wien im Brigittenauer Tempel und spätere Judenälteste im Ghetto Theresienstadt kooperierte mit den Nationalsozialisten als Leiter deren Wiener "Auswanderungsabteilung" und sei stolz auf die "gute Zusammenarbeit" mit dem im NS-Regime für die Verfolgung, Vertreibung und Deportation von Juden zuständigen Adolf Eichmann gewesen - auch bei den KZ-Transporten, wie Walzer erklärte. Genee betonte indes, Murmelsteins Kontakt zur Gestapo habe 70.000 Juden zur legalen Ausreise verholfen und somit gerettet. Er sei ein "Sinnbild jüdischer Tragik" jener Zeit gewesen.
Lernprozess muss weitergehen
Nägeles Vorgänger als IKG-Generalsekretär, Raimund Fastenbauer, hob Fortschritte im Umgang mit dem jüdischen Erbe und der Geschichte hervor, warnte zugleich aber vor neuen Bedrohungstendenzen. So habe sich in Österreich einerseits der schulische Zeitgeschichte-Unterricht in den vergangenen Jahrzehnten deutlich verbessert, der Besuch der Gedenkstätte Mauthausen sei zum Teil der Schulbildung geworden, das Weltkriegsende-Gedenken am 8. Mai werde mittlerweile als "Tag der Befreiung" gefeiert und auch die christlichen Kirchen hätten mit dem Zweiten Vaticanum eine deutliche "Umkehr" in ihrer Beziehung zum Judentum vollzogen. "Es ist etwas geschehen. Doch leider bedurfte es dazu der Shoah", so Fastenbauer.
Trotz dieser erfreulichen Entwicklungen sei Wachsamkeit gegenüber neuem Antisemitismus "von rechts, von links und von islamistischer Seite" jedoch unbedingt angebracht, hob der Alt-Generalsekretär der IKG hervor. "In Frankreich packen Juden heute wieder ihre Koffer, und in der EU-Hauptstadt Brüssel wird Juden geraten, besser keine Kippa zu tragen", so Fastenbauer. In Ostdeutschland erstarke die Neonazi-Szene wieder und an Vorfällen wie in der Synagoge von Halle werde sichtbar, "dass psychopathische Einzeltäter eine latente Bedrohung darstellen".
Besondere Sorgen bereiten Fastenbauer muslimische Immigranten und Flüchtlinge, die "nicht von Geburt an Antisemiten sind, doch antisemitisches Gedankengut in ihrer Heimat mitbekommen haben"; ebenso auch die Nachkommen der Gastarbeiter in zweiter oder dritter Generation, die "wegen mangelhafter Integration anfällig für Radikalisierung" seien. Derselbe Lernprozess, den das Christentum gemacht habe, müsse auch der Islam durchlaufen, forderte der ehemalige IKG-Generalsekretär. "Auch im Koran und in den Hadithen müssen antisemitische Auslegungen überwunden werden."
Wurzeln deutlich machen
Die Initiative zum "Tag des Judentums" geht auf die Zweite Europäische Ökumenische Versammlung 1997 in Graz zurück. Auch in Italien, Polen und den Niederlanden wird der Tag des Judentums begangen. Das Datum dafür wurde bewusst gewählt: So sollen die Kirchen den Geist dieses Tages in die anschließende weltweite "Gebetswoche für die Einheit der Christen" (18. bis 25. Jänner) weiter tragen; denn bei allen Trennungen der Christenheit untereinander sei allen Kirchen gemeinsam, dass sie im Judentum verwurzelt sind, so die Veranstalter. Die Wiener Einstimmung zu dem Tag wurde von der Initiative "Vernetzte Ökumene Wien West" in Zusammenarbeit mit dem Koordinierungsausschuss für christlich-jüdische Zusammenarbeit veranstaltet.
Gesammelte Berichte zum "Tag des Judentums" sowie zur "Gebetswoche um die Einheit der Christen" bietet ein Kathpress-Themenschwerpunkt unter www.kathpress.at/oekumene
Simon verwies auf Gewalttaten an der jüdischen Bevölkerung, zu welchen die Verbreitung von Falschnachrichten über sie im Laufe der Geschichte geführt hätten; darunter neben den Gräueln des Holocausts auch frühere Verfolgungen, Pogrome und zweimalige Ausweisungen aus Wien in den Jahren 1420 und 1670. Auch die Kirchen hätten sich daran beteiligt: Vor 350 Jahren sei an der Stelle der einstigen Synagoge die Pfarrkirche St. Leopold errichtet worden, erinnerte der Dechant. Koordinierungsausschuss-Präsident Martin Jäggle verwies darauf, dass die in Wien-Brigittenau liegende Pfarre St. Johannes Kapristan bis heute den Namen eines "Hetzers gegen Juden" trage.
Gemeinsam mit dem altkatholischen Pfarrer Thomas Wetschka trug Simon bei dem interreligiösen Abend ein Schuldbekenntnis und Vergebungsbitten der christlichen Kirchen vor. Gerne hätten sich die Kirchen Gaben wie das Alte Testament, den Gottesdienst, die Verheißungen und den Bund Gottes zu seinem Volk Israel angeeignet, hieß es darin. An diesem hätten sie jedoch jahrhundertelang "namenloses Leid und Tod" verursacht: Christen hätten sich am Volk Israel "schuldig gemacht" und seien auch heute "nicht wachsam genug, wenn Menschen wegen ihrer jüdischen Herkunft oder ihres Glaubens angefeindet und verachtet werden".
Erinnern an einstige Vielfalt
Der Gedenkabend wurde heuer zum siebten Mal veranstaltet. Jährlich findet er in einem anderen Wiener Gemeindebezirk statt und ruft dessen jeweilige jüdische Geschichte in Erinnerung. Wien-Brigittenau habe früher gemeinsam mit der Leopoldstadt die so genannte "Mazzes-Insel" gebildet, dem Gebiet mit dem höchsten Anteil jüdischer Bevölkerung Wiens, hob die Moderatorin des Abends, Elisabeth Lutter, hervor. Deutlich machten dies auch jüdische Schulen wie das heutige Gymnasium Karajangasse, das in NS-Zeiten bei laufendem Betrieb als Anhaltegefängnis fungierte, wie auch die beiden Synagogen in der Kluckygasse und Kaschlgasse, deren Gedenken die Veranstaltung zum "Tag des Judentums" gewidmet war.
Benjamin Nägele, der neue Generalsekretär der Israelitischen Kultusgemeinde Wien (IKG), bezeichnete den "Tag des Judentums" als wichtigen Anstoß der christlichen Kirchen, um an das einst vielfältige jüdische Leben in Österreich zu erinnern. Juden und Christen verbinde u.a. die im Alten Testament beschriebene "Sorge um Gerechtigkeit", die auch das gemeinsame "Nie wieder!" zum Antisemitismus sagen ließen. Nägele würdigte zudem die Bemühungen des Brigittenauer Bezirks, an das vielfältige jüdische Leben von einst zu erinnern und die eigene Geschichte aufzuarbeiten, u.a. durch historische Stadtspaziergänge und eine seit 1999 bestehende Gedenkausstellung im Brigittenauer Gymnasium.
Wie schwer es sei, Urteile über Akteure von einst zu fällen, zeigten Beiträge der Historikerin Tina Walzer und des Mediziners und Synagogen-Forschers Pierre Genee, die u.a. die Rolle von Benjamin Murmelstein (1905-1989) beleuchteten. Der aus Galizien stammende Rabbiner der Israelitischen Kultusgemeinde Wien im Brigittenauer Tempel und spätere Judenälteste im Ghetto Theresienstadt kooperierte mit den Nationalsozialisten als Leiter deren Wiener "Auswanderungsabteilung" und sei stolz auf die "gute Zusammenarbeit" mit dem im NS-Regime für die Verfolgung, Vertreibung und Deportation von Juden zuständigen Adolf Eichmann gewesen - auch bei den KZ-Transporten, wie Walzer erklärte. Genee betonte indes, Murmelsteins Kontakt zur Gestapo habe 70.000 Juden zur legalen Ausreise verholfen und somit gerettet. Er sei ein "Sinnbild jüdischer Tragik" jener Zeit gewesen.
Lernprozess muss weitergehen
Nägeles Vorgänger als IKG-Generalsekretär, Raimund Fastenbauer, hob Fortschritte im Umgang mit dem jüdischen Erbe und der Geschichte hervor, warnte zugleich aber vor neuen Bedrohungstendenzen. So habe sich in Österreich einerseits der schulische Zeitgeschichte-Unterricht in den vergangenen Jahrzehnten deutlich verbessert, der Besuch der Gedenkstätte Mauthausen sei zum Teil der Schulbildung geworden, das Weltkriegsende-Gedenken am 8. Mai werde mittlerweile als "Tag der Befreiung" gefeiert und auch die christlichen Kirchen hätten mit dem Zweiten Vaticanum eine deutliche "Umkehr" in ihrer Beziehung zum Judentum vollzogen. "Es ist etwas geschehen. Doch leider bedurfte es dazu der Shoah", so Fastenbauer.
Trotz dieser erfreulichen Entwicklungen sei Wachsamkeit gegenüber neuem Antisemitismus "von rechts, von links und von islamistischer Seite" jedoch unbedingt angebracht, hob der Alt-Generalsekretär der IKG hervor. "In Frankreich packen Juden heute wieder ihre Koffer, und in der EU-Hauptstadt Brüssel wird Juden geraten, besser keine Kippa zu tragen", so Fastenbauer. In Ostdeutschland erstarke die Neonazi-Szene wieder und an Vorfällen wie in der Synagoge von Halle werde sichtbar, "dass psychopathische Einzeltäter eine latente Bedrohung darstellen".
Besondere Sorgen bereiten Fastenbauer muslimische Immigranten und Flüchtlinge, die "nicht von Geburt an Antisemiten sind, doch antisemitisches Gedankengut in ihrer Heimat mitbekommen haben"; ebenso auch die Nachkommen der Gastarbeiter in zweiter oder dritter Generation, die "wegen mangelhafter Integration anfällig für Radikalisierung" seien. Derselbe Lernprozess, den das Christentum gemacht habe, müsse auch der Islam durchlaufen, forderte der ehemalige IKG-Generalsekretär. "Auch im Koran und in den Hadithen müssen antisemitische Auslegungen überwunden werden."
Wurzeln deutlich machen
Die Initiative zum "Tag des Judentums" geht auf die Zweite Europäische Ökumenische Versammlung 1997 in Graz zurück. Auch in Italien, Polen und den Niederlanden wird der Tag des Judentums begangen. Das Datum dafür wurde bewusst gewählt: So sollen die Kirchen den Geist dieses Tages in die anschließende weltweite "Gebetswoche für die Einheit der Christen" (18. bis 25. Jänner) weiter tragen; denn bei allen Trennungen der Christenheit untereinander sei allen Kirchen gemeinsam, dass sie im Judentum verwurzelt sind, so die Veranstalter. Die Wiener Einstimmung zu dem Tag wurde von der Initiative "Vernetzte Ökumene Wien West" in Zusammenarbeit mit dem Koordinierungsausschuss für christlich-jüdische Zusammenarbeit veranstaltet.
Gesammelte Berichte zum "Tag des Judentums" sowie zur "Gebetswoche um die Einheit der Christen" bietet ein Kathpress-Themenschwerpunkt unter www.kathpress.at/oekumene
Tag des Judentums
23.12.19
TAG DES JUDENTUMS 2020: Wer oder was ist der „Knecht Gottes“?
Dienstag, 14. Jänner 2020 um 18:30 Uhr,
Gemeindezentrum der IKG
Seitenstettengasse 4, 1010 Wien
Jüdische Schriftauslegung zu Jesaja 42
Rabbiner Moshe Baumel im Gespräch mit Rabbiner Schlomo Hofmeister.
Die Propheten werden in der christlichen Interpretation als Vorausblick auf Jesus hin gedeutet. Besonders die Gestalt des leidenden Gottesknechts bei Jesaja wird im Neuen Testament mit Jesus identifiziert.
An diesem Abend erwarten Sie neue Impulse aus der jüdischen Tradition, wie diese den „Knecht Gottes“ betrachtet. Rabbiner Baumel beleuchtet verschiedene Ansätze der jüdischen Auslegung zu Jesaja 42, 1-9 aus rabbinischer Zeit bis zur Moderne mit Textquellen.
Anmeldung bis 10.01.2020: info@christenundjuden.org oder Tel.: 01 479 73 76
ÖRKÖ Gottesdienst
23.12.19
am 17. Jänner Kirchen gedachten ihrer Wurzeln im Judentum
20.01.19
Zum gemeinsamen vertieften Dialog zwischen Christen und Juden hat der serbisch-orthodoxe Bischof Andrej (Cilerdizic) aufgerufen. "Unsere christliche Identität ist unlösbar mit dem jüdischen Volk und seinen Traditionen verbunden", so der Bischoif wörtlich in seiner Predigt am Donnerstagabend beim offiziellen Gottesdienst des Ökumenischen Rates der Kirchen in Österreich (ÖRKÖ) zum "Tag des Judentums".
An dem Gottesdienst in der katholischen Kirche Am Tabor in Wien-Leopoldstadt nahmen u.a. der ÖRKÖ-Vorsitzende und reformierte Landessuperintendent Thomas Hennefeld, der altkatholische Bischof Heinz Lederleitner, die methodistische Pastorin Esther Handschin und der katholische Dechant (und Hausherr) Ferenc Simon, teil.
Der Abend des gemeinsamen Gebetes von Juden und Christen weise auf die dringliche Beendigung wechselseitiger institutioneller Abgrenzung hin, so Bischof Andrej in seiner Predigt, "auch wenn an manchen Orten erstarkende Verteidigungen von eigenen institutionalisierten Identitäten und Traditionen vermutlich bestehen bleiben werden".
Der Bischof verwies u.a. auf Abraham, der all seine Sicherheiten und sozialen Bindungen aufgegeben hatte und sich auf das Geheiß Gottes hin auf den Weg machte. Diesen Gehorsam des Abraham nenne die Bibel "Glaube" und deshalb sei Abraham auch "Urbild unseres Glaubens an Gott und an seine Verheißungen". Für Christen und Juden gemeinsam ergebe sich auf ihrem Weg die Verpflichtung, "immer neu den Raum zu öffnen, damit der Geist Gottes unter uns wirken kann".
Die Dynamik der heutigen religiösen Pluralität und der Beziehungen zwischen unterschiedlichen Religionsgemeinschaften gehören zu den entscheidenden Herausforderungen, der sich sowohl Juden als auch Christen des 21. Jahrhunderts stellen müssen, so Bischof Andrej weiter. Viele Menschen fragten sich, ob es immer noch zutreffe, "dass wir in einer derartigen säkularen Welt leben, in der die Religion aus dem öffentlichen Raum verschwunden ist, oder als entscheidender Bezugsrahmen für individuelle und gemeinschaftliche Identität wieder zurück gekehrt ist". Heute suchten wieder mehr Menschen nach Sinn für ihr Leben und nach Zugehörigkeit zu einer Gemeinschaft.
Der orthodoxe Bischof warnte vor einem "Wirrwarr unterschiedlicher Formen von religiösem Fundamentalismus und Traditionalismen", die sich gegen jedes interreligiöse Engagement und auch jede Form von Säkularisierung wenden würden.
Die ökumenische Bewegung habe hingegen den Prozess der Säkularisierung akzeptiert bzw. sich diesen zu eigen gemacht und versuche, den Prozess geschichtlichen Wandels aktiv mitzugestalten. Die ökumenische Bewegung werde so zum Anwalt der Konzeption des säkularen Staates, von Religionsfreiheit, den Grundsätzen der Menschenrechte, Rechtsstaatlichkeit - unter Einschluss der grundlegenden Unterscheidung von Recht und Moral - und der Achtung der Pluralität von Kulturen und Religionen. Der Bischof verwies in diesem Zusammenhang auch auf die Charta Oecumenica. In diesem Dokument aus dem Jahr 2001 haben die Kirchen in Europa ökumenische Grundüberzeugungen darlegt und daraus ökumenische Selbstverpflichtungen der Kirchen in Bezug auf den Umgang miteinander, mit anderen Religionen sowie in sozialer und wirtschaftlicher Hinsicht abgeleitet.
Der Ökumenische Rat der Kirchen in Österreich (ÖRKÖ) hat im Jahr 2000 den 17. Jänner als besonderen Gedenktag ("Tag des Judentums") im Kirchenjahr eingeführt. Dabei sollen sich die Christen in besonderer Weise ihrer Wurzeln im Judentum und ihrer Weggemeinschaft mit dem Judentum bewusst werden. Zugleich soll auch das Unrecht an jüdischen Menschen und ihrem Glauben in der Geschichte thematisiert werden.
Die Initiative zum "Tag des Judentums" geht auf die Zweite Europäische Ökumenische Versammlung 1997 in Graz zurück. Auch in Italien, Polen und den Niederlanden wird der Tag des Judentums begangen. Das Datum dafür wurde bewusst gewählt: So sollen die Kirchen den Geist dieses Tages in die anschließende weltweite "Gebetswoche für die Einheit der Christen" (18. bis 25. Jänner) weiter tragen.
Zur "Weltgebetswoche für die Einheit der Christen" bzw. zum "Tag des Judentums" publiziert "Kathpress" ein Themenpaket, das laufend erweitert wird und unter www.kathpress.at/oekumene abrufbar ist.
An dem Gottesdienst in der katholischen Kirche Am Tabor in Wien-Leopoldstadt nahmen u.a. der ÖRKÖ-Vorsitzende und reformierte Landessuperintendent Thomas Hennefeld, der altkatholische Bischof Heinz Lederleitner, die methodistische Pastorin Esther Handschin und der katholische Dechant (und Hausherr) Ferenc Simon, teil.
Der Abend des gemeinsamen Gebetes von Juden und Christen weise auf die dringliche Beendigung wechselseitiger institutioneller Abgrenzung hin, so Bischof Andrej in seiner Predigt, "auch wenn an manchen Orten erstarkende Verteidigungen von eigenen institutionalisierten Identitäten und Traditionen vermutlich bestehen bleiben werden".
Der Bischof verwies u.a. auf Abraham, der all seine Sicherheiten und sozialen Bindungen aufgegeben hatte und sich auf das Geheiß Gottes hin auf den Weg machte. Diesen Gehorsam des Abraham nenne die Bibel "Glaube" und deshalb sei Abraham auch "Urbild unseres Glaubens an Gott und an seine Verheißungen". Für Christen und Juden gemeinsam ergebe sich auf ihrem Weg die Verpflichtung, "immer neu den Raum zu öffnen, damit der Geist Gottes unter uns wirken kann".
Die Dynamik der heutigen religiösen Pluralität und der Beziehungen zwischen unterschiedlichen Religionsgemeinschaften gehören zu den entscheidenden Herausforderungen, der sich sowohl Juden als auch Christen des 21. Jahrhunderts stellen müssen, so Bischof Andrej weiter. Viele Menschen fragten sich, ob es immer noch zutreffe, "dass wir in einer derartigen säkularen Welt leben, in der die Religion aus dem öffentlichen Raum verschwunden ist, oder als entscheidender Bezugsrahmen für individuelle und gemeinschaftliche Identität wieder zurück gekehrt ist". Heute suchten wieder mehr Menschen nach Sinn für ihr Leben und nach Zugehörigkeit zu einer Gemeinschaft.
Der orthodoxe Bischof warnte vor einem "Wirrwarr unterschiedlicher Formen von religiösem Fundamentalismus und Traditionalismen", die sich gegen jedes interreligiöse Engagement und auch jede Form von Säkularisierung wenden würden.
Die ökumenische Bewegung habe hingegen den Prozess der Säkularisierung akzeptiert bzw. sich diesen zu eigen gemacht und versuche, den Prozess geschichtlichen Wandels aktiv mitzugestalten. Die ökumenische Bewegung werde so zum Anwalt der Konzeption des säkularen Staates, von Religionsfreiheit, den Grundsätzen der Menschenrechte, Rechtsstaatlichkeit - unter Einschluss der grundlegenden Unterscheidung von Recht und Moral - und der Achtung der Pluralität von Kulturen und Religionen. Der Bischof verwies in diesem Zusammenhang auch auf die Charta Oecumenica. In diesem Dokument aus dem Jahr 2001 haben die Kirchen in Europa ökumenische Grundüberzeugungen darlegt und daraus ökumenische Selbstverpflichtungen der Kirchen in Bezug auf den Umgang miteinander, mit anderen Religionen sowie in sozialer und wirtschaftlicher Hinsicht abgeleitet.
Der Ökumenische Rat der Kirchen in Österreich (ÖRKÖ) hat im Jahr 2000 den 17. Jänner als besonderen Gedenktag ("Tag des Judentums") im Kirchenjahr eingeführt. Dabei sollen sich die Christen in besonderer Weise ihrer Wurzeln im Judentum und ihrer Weggemeinschaft mit dem Judentum bewusst werden. Zugleich soll auch das Unrecht an jüdischen Menschen und ihrem Glauben in der Geschichte thematisiert werden.
Die Initiative zum "Tag des Judentums" geht auf die Zweite Europäische Ökumenische Versammlung 1997 in Graz zurück. Auch in Italien, Polen und den Niederlanden wird der Tag des Judentums begangen. Das Datum dafür wurde bewusst gewählt: So sollen die Kirchen den Geist dieses Tages in die anschließende weltweite "Gebetswoche für die Einheit der Christen" (18. bis 25. Jänner) weiter tragen.
Zur "Weltgebetswoche für die Einheit der Christen" bzw. zum "Tag des Judentums" publiziert "Kathpress" ein Themenpaket, das laufend erweitert wird und unter www.kathpress.at/oekumene abrufbar ist.
Gemeinsames christlich-jüdisches Gedenken
17.01.19
Dem Gedenken an den jüdischen Huber-Tempel in Wien-Ottakring und an die jüdische Familie Kuffner war die heurige "Einstimmung in den Tag des Judentums" in Wien gewidmet. Vertreter der christlichen Kirchen, des Judentums und der Politik waren dazu am Mittwochabend in der Bezirksvorstehung Ottakring zusammengekommen. Der Huber-Tempel war eine von mehreren Synagogen in den Wiener Außenbezirken. Er wurde 1885/86 errichtet und bei der Pogromnacht im November 1938 zerstört. 1970 wurden die Ruinen der Synagoge abgetragen und ein Wohnhaus errichtet. Im November 2011 wurde schließlich an der Fassade des danach errichteten Hauses in der Hubergasse 8 eine Gedenktafel angebracht, die an den Huber-Tempel erinnert.
Martin Jäggle, Präsident des Koordinierungsausschusses für christlich-jüdische Zusammenarbeit, sagte, dass die Dämonisierung und Entrechtung der jüdischen Bevölkerung deren Ausschluss aus dem gesellschaftlichen Leben in der Nazizeit gesichert und ihnen das Recht auf Leben genommen habe. "Als es notwendig war, gab es zu wenig Gerechte, aber mehr, als wir wissen. Ihrer soll auch gedacht werden." Das gesellschaftliche und kirchliche Paradigma sei damals der Ausschluss der Anderen gewesen.
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Martin Jäggle, Präsident des Koordinierungsausschusses für christlich-jüdische Zusammenarbeit, sagte, dass die Dämonisierung und Entrechtung der jüdischen Bevölkerung deren Ausschluss aus dem gesellschaftlichen Leben in der Nazizeit gesichert und ihnen das Recht auf Leben genommen habe. "Als es notwendig war, gab es zu wenig Gerechte, aber mehr, als wir wissen. Ihrer soll auch gedacht werden." Das gesellschaftliche und kirchliche Paradigma sei damals der Ausschluss der Anderen gewesen.
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Einladung
17.01.19
Erich Leitenberger: Die Kirchen kommen einander umso näher, je mehr sie sich Jesus Christus nähern
12.02.18
Kardinal Schönborn würdigt beim traditionellen Ökumenischen Empfang in Wien positive Signale – Ehrenmitgliedschaft der Stiftung „Pro Oriente“ für Metropolit Arsenios und den koptischen Bischof Anba Gabriel
Ein eindrucksvolles Bild der Ökumene, das er 1991 bei seinem TV-Antrittsinterview als Wiener Weihbischof mit dem legendären „Anchorman“ Robert Hochner erstmals verwendet hatte, stellte Kardinal Christoph Schönborn am Mittwochabend an den Beginn des traditionellen Ökumenischen Empfangs im Erzbischöflichen Palais: Die christliche Ökumene als Rad mit Jesus Christus als Nabe und den Konfessionen als Speichen, die einander umso näher kommen, je mehr sie sich der Nabe nähern. Im Rückblick auf das Jahr 2017 nannte der Wiener Erzbischof zwei positive ökumenische Großereignisse: Das 500-Jahr-Gedenken der Reformation, ein „gesegnetes Jahr, das uns gelehrt hat, den Auftrag Jesu neu zu sehen und ihn gemeinsam zu leben“ und das 50-Jahr-Gedenken des Aufbruchs der Charismatischen Erneuerung in der katholischen Kirche, bei dem Papst Franziskus deutlich gemacht habe, dass man die Mühe der theologischen Ökumene weiterführen müsse, historische Kirchen und Freikirchen aber vor allem vor der Aufgabe stehen, gemeinsam voranzugehen. Positive Signale bedeuteten aber auch die spirituelle und missionarische Erneuerung in den Kirchen, die sehr lebendige „christliche Immigration“ (mehr als die Hälfte der Immigranten in Österreich sind Christen) und das „singuläre ökumenische Projekt“ der Kirchlichen Pädagogischen Hochschule (KPH) Wien-Krems, an der die Ausbildung der Religionslehrkräfte für den Pflichtschulbereich von den verschiedenen Kirchen gemeinsam getragen wird, so der Wiener Erzbischof. Wörtlich meinte Kardinal Schönborn: „Es hilft auch meinem Kleinglauben, zu sehen, dass Christus wirklich am Werk ist“. mehr…
Ein eindrucksvolles Bild der Ökumene, das er 1991 bei seinem TV-Antrittsinterview als Wiener Weihbischof mit dem legendären „Anchorman“ Robert Hochner erstmals verwendet hatte, stellte Kardinal Christoph Schönborn am Mittwochabend an den Beginn des traditionellen Ökumenischen Empfangs im Erzbischöflichen Palais: Die christliche Ökumene als Rad mit Jesus Christus als Nabe und den Konfessionen als Speichen, die einander umso näher kommen, je mehr sie sich der Nabe nähern. Im Rückblick auf das Jahr 2017 nannte der Wiener Erzbischof zwei positive ökumenische Großereignisse: Das 500-Jahr-Gedenken der Reformation, ein „gesegnetes Jahr, das uns gelehrt hat, den Auftrag Jesu neu zu sehen und ihn gemeinsam zu leben“ und das 50-Jahr-Gedenken des Aufbruchs der Charismatischen Erneuerung in der katholischen Kirche, bei dem Papst Franziskus deutlich gemacht habe, dass man die Mühe der theologischen Ökumene weiterführen müsse, historische Kirchen und Freikirchen aber vor allem vor der Aufgabe stehen, gemeinsam voranzugehen. Positive Signale bedeuteten aber auch die spirituelle und missionarische Erneuerung in den Kirchen, die sehr lebendige „christliche Immigration“ (mehr als die Hälfte der Immigranten in Österreich sind Christen) und das „singuläre ökumenische Projekt“ der Kirchlichen Pädagogischen Hochschule (KPH) Wien-Krems, an der die Ausbildung der Religionslehrkräfte für den Pflichtschulbereich von den verschiedenen Kirchen gemeinsam getragen wird, so der Wiener Erzbischof. Wörtlich meinte Kardinal Schönborn: „Es hilft auch meinem Kleinglauben, zu sehen, dass Christus wirklich am Werk ist“. mehr…