"Migration ist eine biblische Ur-Erfahrung"
Wiener Pastoraltheologin in Wiener rumänisch-orthodoxen Kirche St. Andreas: Migration zwinge die "Einheimischen" dazu, sich mit Begriff Heimat "neu zu beschäftigen" - Migranten seien "Spiegel und Fenster" für "Einheimischen"
Migration ist eine biblische Ur-Erfahrung aus der auch die Schlüsseltexte der Heiligen Schrift entstanden sind. Das hat die Pastoraltheologin Regina Polak bei einer Veranstaltung zum Thema "Heimat und Migration" in Wien betont. Migration zwinge die "Einheimischen" dazu, sich mit dem Begriff Heimat "neu zu beschäftigen". Denn die Migranten seien "Spiegel und Fenster" für die "Einheimischen". Die Entwicklung der vergangenen Jahrzehnte bedeute, dass jetzt "die eine Menschheit heran- wächst". Christen könnten in der Konfrontation mit dem Lebensschicksal von Migranten das Pauluswort aus dem Philipperbrief "Unsere Heimat ist im Himmel" neu entdecken.
Migration ist eine biblische Ur-Erfahrung aus der auch die Schlüsseltexte der Heiligen Schrift entstanden sind. Das hat die Pastoraltheologin Regina Polak bei einer Veranstaltung zum Thema "Heimat und Migration" in Wien betont. Migration zwinge die "Einheimischen" dazu, sich mit dem Begriff Heimat "neu zu beschäftigen". Denn die Migranten seien "Spiegel und Fenster" für die "Einheimischen". Die Entwicklung der vergangenen Jahrzehnte bedeute, dass jetzt "die eine Menschheit heran- wächst". Christen könnten in der Konfrontation mit dem Lebensschicksal von Migranten das Pauluswort aus dem Philipperbrief "Unsere Heimat ist im Himmel" neu entdecken.
Die an der Universität Wien lehrende Pastoraltheologin äußerte sich im Rahmen der mehrteiligen Gesprächsreihe "Miteinander für Europa", die das gleichnamige ökumenischen Netz- werk im Hinblick auf die bevorstehenden Europawahlen gestartet hat. Bei der Veranstaltung in der Wiener rumänisch-orthodoxen Kirche St. Andreas setzte sich Polak kritisch mit dem aus dem 19. Jahrhundert überlieferten Heimatbegriff aus- einander. Dieser habe zunächst der Abwehr gegen die Einflüsse der Französischen Revolution gedient und sei später mit Kultur, Sprache und Staat identifiziert worden. Zugleich habe man die jahrhundertelange Migrationsgeschichte aus dem Bewusstsein getilgt und den Heimatbegriff immer stärker zur "negativen Abgrenzung" von den "anderen" benützt. Schließlich sei die Vorstellung einer von Homogenität geprägten Heimat zur Normalität geworden.
Heute gehe es darum, einen Heimatbegriff zu entwickeln, "in dem Verschiedenheit normal ist", auch wenn sich Menschen mit dem Erlebnis der Unterschiedlichkeit schwer tun. Es gebe aber "keine angeborene Fremdenfeindlichkeit", unterstrich Polak. Es seien vielmehr die "politischen Diskurse", die zur Fremdenfeindlichkeit führen. Die Politiker hätten daher eine "enorme Verantwortung".
Positives Narrativ über Migration entwickeln
Die Pastoraltheologin plädierte dafür, ein positives Narrativ über Migration zu entwickeln. Hier seien insbesondere auch die christlichen Kirchen gefordert. Allzu oft werde Migration als "Deutungsrahmen für gesellschaftliche Veränderungen" nur negativ interpretiert. Eine positive Sicht würde es hingegen möglich machen, dass jemand "mehrere Identitäten zugleich hat", also die Identität aus dem Ursprungsland nicht aufgeben
muss, um in der neuen Heimat akzeptiert zu werden. Aus ihren Feldforschungen berichtete Polak über die Erfahrungen mit der kroatischen katholischen Gemeinde in Österreich. Viele Menschen aus dieser Gruppe hätten noch immer das Gefühl, "Fremde zu sein". Einer der Gesprächspartner brachte die Erwartungshaltung auf den Punkt: "Wir sollen Trachten anziehen und Kolo tanzen". In der Beschäftigung mit dieser Gruppe sei deutlich geworden, dass der Heimatbegriff keine "Zuckerguss-Idylle" bedeutet, sondern das Teilen von heimatlichen Erinnerungen, Sehnsüchten, Schmerz und Hoffnung in der Fremde. Für die Leute aus der kroatischen katholischen Gemein- de bedeute die sonntägliche Messfeier in kroatischer Sprache und mit kroatischen Liedern "eine Stunde Heimat".
Was das Spannungsverhältnis von Heimat und Migration im konkreten Leben bedeutet, hatte zuvor der evangelisch-lutherische Altbischof Herwig Sturm im Gespräch mit vier jungen Migranten - ein Mädchen und drei Burschen aus Syrien, Ägypten und Afghanistan - deutlich gemacht. Das Mädchen ist antiochenisch-orthodoxe Christin, die Burschen sind Muslime, haben aber in katholischen und evangelischen Gruppen verständnisvolle Förderung und Aufnahme gefunden. Alle vier betreiben ernsthaft und erfolgreich ihre Berufsausbildung und haben gut Deutsch gelernt. Die Situation der jungen Leute ist aber von
Unsicherheit im Hinblick auf ihr Aufenthaltsrecht in Österreich gekennzeichnet.
Zum Auftakt der Veranstaltung erläuterte der rumänisch-orthodoxe Bischofsvikar und Pfarrer von St. Andreas, Nicolae Dura, das Bildprogramm der Ikonostase und der Fresken der Kirche. Altbischof Sturm legte das Programm der Gesprächsreihe "Miteinander für Europa" dar. "Wir wollen nicht stumm abwarten, sondern unsere Berufung zur Einheit in das Ringen um die Zukunft Europas einbringen", sagte er. Die nächste Veranstaltung findet am 27. März (19 Uhr) zum Thema "Judentum in Europa heute - der neue und alte Antisemitismus" im Wiener Jüdischen Institut für Erwachsenenbildung statt. Die Abschlussveranstaltung mit dem evangelischen Bischof Michael Bünker und Parlamentariern ist am 11. April (18 Uhr) im "Haus der Europäischen Union" in Wien vorgesehen.
In St. Andreas überbrachte Gesandter Calin Tantareanu von der rumänischen Botschaft in Wien die Grüße des derzeitigen EU-Vorsitzlandes. Er begrüßte die ökumenisch-christliche Initia- tive; gerade angesichts der ständigen Diskussion über die Krisen Europas sei es erfreulich, dass ein Zeichen im Geist des Mottos "Einstimmen - Zu- stimmen - Mitstimmen" gesetzt werde.
Programm der Veranstaltungsreihe: www.fokolarbewegung.at/sites/default/files/2019-mfe-mitstimmen.pdf
Quelle: kathpress
Heute gehe es darum, einen Heimatbegriff zu entwickeln, "in dem Verschiedenheit normal ist", auch wenn sich Menschen mit dem Erlebnis der Unterschiedlichkeit schwer tun. Es gebe aber "keine angeborene Fremdenfeindlichkeit", unterstrich Polak. Es seien vielmehr die "politischen Diskurse", die zur Fremdenfeindlichkeit führen. Die Politiker hätten daher eine "enorme Verantwortung".
Positives Narrativ über Migration entwickeln
Die Pastoraltheologin plädierte dafür, ein positives Narrativ über Migration zu entwickeln. Hier seien insbesondere auch die christlichen Kirchen gefordert. Allzu oft werde Migration als "Deutungsrahmen für gesellschaftliche Veränderungen" nur negativ interpretiert. Eine positive Sicht würde es hingegen möglich machen, dass jemand "mehrere Identitäten zugleich hat", also die Identität aus dem Ursprungsland nicht aufgeben
muss, um in der neuen Heimat akzeptiert zu werden. Aus ihren Feldforschungen berichtete Polak über die Erfahrungen mit der kroatischen katholischen Gemeinde in Österreich. Viele Menschen aus dieser Gruppe hätten noch immer das Gefühl, "Fremde zu sein". Einer der Gesprächspartner brachte die Erwartungshaltung auf den Punkt: "Wir sollen Trachten anziehen und Kolo tanzen". In der Beschäftigung mit dieser Gruppe sei deutlich geworden, dass der Heimatbegriff keine "Zuckerguss-Idylle" bedeutet, sondern das Teilen von heimatlichen Erinnerungen, Sehnsüchten, Schmerz und Hoffnung in der Fremde. Für die Leute aus der kroatischen katholischen Gemein- de bedeute die sonntägliche Messfeier in kroatischer Sprache und mit kroatischen Liedern "eine Stunde Heimat".
Was das Spannungsverhältnis von Heimat und Migration im konkreten Leben bedeutet, hatte zuvor der evangelisch-lutherische Altbischof Herwig Sturm im Gespräch mit vier jungen Migranten - ein Mädchen und drei Burschen aus Syrien, Ägypten und Afghanistan - deutlich gemacht. Das Mädchen ist antiochenisch-orthodoxe Christin, die Burschen sind Muslime, haben aber in katholischen und evangelischen Gruppen verständnisvolle Förderung und Aufnahme gefunden. Alle vier betreiben ernsthaft und erfolgreich ihre Berufsausbildung und haben gut Deutsch gelernt. Die Situation der jungen Leute ist aber von
Unsicherheit im Hinblick auf ihr Aufenthaltsrecht in Österreich gekennzeichnet.
Zum Auftakt der Veranstaltung erläuterte der rumänisch-orthodoxe Bischofsvikar und Pfarrer von St. Andreas, Nicolae Dura, das Bildprogramm der Ikonostase und der Fresken der Kirche. Altbischof Sturm legte das Programm der Gesprächsreihe "Miteinander für Europa" dar. "Wir wollen nicht stumm abwarten, sondern unsere Berufung zur Einheit in das Ringen um die Zukunft Europas einbringen", sagte er. Die nächste Veranstaltung findet am 27. März (19 Uhr) zum Thema "Judentum in Europa heute - der neue und alte Antisemitismus" im Wiener Jüdischen Institut für Erwachsenenbildung statt. Die Abschlussveranstaltung mit dem evangelischen Bischof Michael Bünker und Parlamentariern ist am 11. April (18 Uhr) im "Haus der Europäischen Union" in Wien vorgesehen.
In St. Andreas überbrachte Gesandter Calin Tantareanu von der rumänischen Botschaft in Wien die Grüße des derzeitigen EU-Vorsitzlandes. Er begrüßte die ökumenisch-christliche Initia- tive; gerade angesichts der ständigen Diskussion über die Krisen Europas sei es erfreulich, dass ein Zeichen im Geist des Mottos "Einstimmen - Zu- stimmen - Mitstimmen" gesetzt werde.
Programm der Veranstaltungsreihe: www.fokolarbewegung.at/sites/default/files/2019-mfe-mitstimmen.pdf
Quelle: kathpress